Ich verbringe die Zeit der Ausgangssperre in meinem gemieteten Zimmer auf dem Campus der Christ Universität in Bangalore. Bevor die landesweite Ausgangssperre verhängt wurde, wünschte ich mir sehr, dass sie umgesetzt wird, damit wir alle möglichst sicher sind vor einer Ansteckung mit dem Virus, denn die Zahl der Fälle stieg schnell an. Aber als die Ausgangssperre dann wirklich verkündet wurde, machte sie mir Angst. Die verkehrsreichste Stadt der Welt, wie Bangalore oft genannt wird, war plötzlich menschenleer und eine unheimliche Stille ersetzte die üblichen lauten Geräusche menschlicher Aktivitäten. Das Viertel, in dem ich lebe, wurde ganz leise und alle zogen sich in die Sicherheit ihrer Wohnungen zurück. Wer hinausging, um Lebensmittel zu kaufen, hielt Abstand zu den anderen und schaute die Mitmenschen misstrauisch an, einige starrten so abweisend, dass man sich schuldig fühlte, überhaupt nach draußen gegangen zu sein. Ich kaufte also so viel ein, dass ich die Zeit der Ausgangssperre überstehen konnte und bereitete mich darauf vor, an den Dingen weiterzuarbeiten, die ich begonnen hatte.
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass die Ausgangssperre schon bald an meinen Nerven zerren würde. Eingeschlossen in mein kleines Zimmer, wurden meine Gedanken immer wieder schwer. Ich fand es schwer, mich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, da ich immer wieder das Bedürfnis hatte, mich über aktuelle Nachrichten zu informieren und zu erfahren, wie stark die Zahlen bei uns und weltweit gestiegen waren. Ich machte mir nicht nur Sorgen um die alarmierend schnelle Verbreitung des Virus und der hohen Todeszahlen auf der ganzen Welt, sondern auch wegen der hasserfüllten oder ignoranten Äußerungen von Menschen, insbesondere von politisch Verantwortlichen. Auch persönlich war ich angespannt. Ich hatte eine wichtige Phasemeiner Forschung erreicht, bevor dieses tödliche Virus auf der Bildfläche erschien. Meine Arbeit beschäftigt sich insbesondere mit den beiden Konzepten menschliches Handeln und Freiheit.
Beides ist nun durch die weltweite Pandemie stark eingeschränkt. Wenn ich nun vor meiner Arbeit saß, beschäftigten diese Gedanken mich sehr und ich fühlte mich gestresst, denn meine Forschungsergebnisse sehen nun so überholt aus. Die Ausgangssperre ist noch nicht wieder aufgehoben worden. Vor mir kann ich nur Unsicherheit sehen. Wie alle anderen auch habe ich festgestellt, wie sehr die Welt sich in wenigen Tagen verändert hat. Covid-19 hat uns in allen Bereichen unseres Lebens verändert. Ich wünsche mir eine schnelle Genesung für die ganze Welt.
Anu George CJ
Delhi Province