Prophetisch sein in dieser Welt
Wir freuen uns, mit Ihnen die erste von vier Meditationen zur Vorbereitung auf das Ignatiusfest zu teilen, die von Pater Giuseppe Trotta SJ geschrieben wurden, der der Gemeinschaft der Jesuitenpatres „S. Frediano“ in Pisa angehört. Das Thema dieser kurzen Meditationen ist Vier Schlüssel zur ignatianischen Spiritualität – Prophetisch sein in dieser Welt, und die erste Meditation, die Sie unten finden, handelt von den Exerzitien. Wir danken Pater Trotta für seine Mitarbeit und wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.
Die Exerzitien Die ignatianische Spiritualität hat in den Exerzitien ihr bedeutendstes Kompendium und ihren wichtigsten Ausdruck. Deshalb ist der erste Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt, um zu verstehen, wie prophetisch sie in der heutigen Welt sein kann, gerade von der Erfahrung der Exerzitien auszugehen, d.h. von der Notwendigkeit, sich zu üben. Für den heiligen Ignatius beruht die Beziehung zu Gott – und damit unser geistliches Leben – auf einer intimen, tiefen Gotteserfahrung, auf einem „inneren Fühlen und Schmecken“, wie er in Anmerkung 2a des Exerzitienbuches sagt. Dieser Erfahrungsaspekt ist auch heute noch prophetisch in dem Sinne, dass er die Menschen von heute ansprechen kann, denn diese wollen etwas persönlich erfahren: Sie begnügen sich nicht mehr mit einem Glauben, der durch abstrakte Lehren oder die Vorschriften und Dogmen des Katechismus vermittelt wird, sondern wollen in sich selbst in einer sensiblen, erzählbaren Erfahrung den Grund ihres Glaubens und die Wurzel ihres geistlichen Lebens finden. Ein großer Theologe des letzten Jahrhunderts, Karl Rahner, pflegte zu sagen, dass der Christ des dritten Jahrtausends entweder ein Mystiker sein werde, d.h. ein Christ, der eine persönliche Gotteserfahrung gemacht hat, oder er werde nicht sein. Die Exerzitien sind genau diese Praxis, die es ermöglicht, eine persönliche Gotteserfahrung zu machen durch die Unterscheidung der inneren Bewegungen und die Ausübung eines bestimmten Gebets, das vor allem auf der persönlichen Meditation des Wortes beruht und methodisch ausgeführt wird.
P Giuseppe Trotta SJ
